Angaben zu Inhalt und Struktur |
Bestandsbeschreibung: | Chronologie
Jerusalemsverein/Jerusalemsverein im Berliner Missionswerk
1852 Gründung des Jerusalemsvereins zur Unterstützung der deutschen Evangelischen Einrichtungen im Heiligen Land auf Initiative von Friedrich Adolf Strauß 1860 Übernahme der Missionsstation Bethlehem und Anfänge der dortigen Arbeit 1878 Gründung der Missions-Station in Beit Jala 1884 Gründung einer Missionsstation in Hebron 1886 Nach der Auflösung des englisch- preußischen Bistums wurde der Jerusalemsverein für die deutschen Gemeinden im Heiligen Land zuständig. Die deutsche Gemeinde in Jerusalem wurde von der Jerusalem-Stiftung betreut. 1886 Betreuung der Kirchengemeinde Haifa bis 1948 1889 Betreuung der Kirchengemeinde Jaffa/Sarona bis 1939/40 1901 Gründung der letzten arabischen Station in Beit Sachour 1907 Betreuung der Kirchengemeinde in Waldheim bis 1948. 1959 Gründung der ELCJ und seine Unterstützung 1975 Eintritt in das Berliner Missionswerk.
Vereinsvorsitzende: 1852-1873 Wilhelm Hoffmann 1876-1892 Rudolf Kögel 1892-1922 Albert Julius Graf von Zieten-Schwerin 1922-1933 Dr. Louis von Schwerin 1933-1939 Gottlieb von Meyeren 1939-1942 Hans Berner 1942-1970 Dr. Bernhard Karnatz 1970-1982 Hansjürg Ranke 1982-1988 Dr. Christoph Rhein 1988-1995 Horstdieter Wildner 1995-1998 Dr. Christoph Rhein 1998- Dr. Hans-Jürgen Abromeit
Historischer Hintergrund
Nachdem durch den Feldzug Napoleons im Jahre 1799 und die Schwächung der türkischen Herrschaft im Heiligen Land Palästina für Ausländer offener geworden war, kamen zahlreiche amerikanische, englische und deutsche Missionsgesellschaften ins Heilige Land. Es begann das „Jahrhundert der Mission“. Die American Board (AB), die englische Kirchenmissionsgesellschaft (CMS) und die Londoner Judenmissionsgesellschaft (LJS) beschränkten sich anfangs auf die reine Missionsarbeit, während die deutschen Gesellschaften, die nach der Gründung des englisch-preußischen Bistums ins Land kamen, von Beginn an auch im sozialen Bereich tätig waren so auch der Jerusalemsverein zu Berlin. Mit der Gründung des englisch-preußischen Bistums war die Voraussetzung für eine breitflächige deutsche Missionsarbeit und die Entstehung deutscher Gemeinden in Palästina gegeben. Zentrum der anfänglichen Missionstätigkeit war Jerusalem. . Als MICHAEL SOLOMON ALEXANDER Anfang des Jahres 1842 als erster Bischof nach Palästina kam, existierte dort noch keine einzige deutsche evangelische Gemeinde. Die einzigen protestantischen Missionsgesellschaften waren die Londoner Judenmissionsgesellschaft, und die „American Board“. Die Amerikaner wirkten allerdings nur wenige Jahre im Land und überließen bald das Missionsfeld in Palästina den Engländern und den Deutschen. Der Jerusalemsverein sollte ursprünglich die schon bestehenden evangelischen Institutionen in Jerusalem finanziell unterstützen z.B. die Schule und Krankenstation der Kaiserswerther Diakonissen, das Deutsche Hospiz, das Syrische Waisenhaus und vieles mehr. Der Potsdamer Garnisons- und Hofprediger Dr. FRIEDRICH ADOLF STRAUSS (1817–1888) setzte es sich zur Aufgabe, die Zurückhaltung der evangelischen Gemeinden in Preußen zu überwinden die kühl gegenüber gestanden waren . STRAUSS unternahm im Jahre 1844 eine zweijährige Reise in den Orient. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er ein zweibändiges Werk: „Sinai und Golgatha“, welches das Interesse an Palästina und Jerusalem in Preußen wecken sollte . Seit dem Jahre 1847 hielt STRAUSS jedes Jahr am 21. Januar die Jerusalemsfeier im Berliner Dom ab. Um die deutsche Missionstätigkeit in Palästina zu unterstützen, beschloß er am 2. Dezember 1852 den „Jerusalemsverein zu Berlin“ zu gründen. Bei der Feier am 21. Januar 1853 wurde im Dom zu Berlin Gründung und Zielsetzung des Vereins bekanntgegeben . Nach den Statuten sollte der Verein „die Vertretung der deutschen evangelischen Kirche im Heiligen Lande durch Sammlung von Beiträgen ... fördern und für die innere und äußere Mission unter den Eingeborenen jener Gebiete und den daselbst ansässigen und reisenden Deutschen in den bereits gegründeten und noch zu gründenden Pfarren, Schulen, Kranken-Anstalten und Hospizen tätig ... sein“ . Als erster Vorsitzender wurde der Oberhofprediger und Generalsuperintendent WILHELM LUDWIG FRIEDRICH HOFFMANN (1806–1873) eingesetzt, Sohn des Gründers der württembergischen Brüdergemeinden, vormals Inspektor des Basler Missionshauses . Bis zum Jahre 1857 lagen die jährlichen Einnahmen des Vereins unter 4 000 Mark. Durch die Herausgabe eines Dreimonatsblatt namens „Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande“ und einer jährlichen Kollekte stiegen die Einnahmen auf rund 20 000 Mark .. Der Jerusalemsverein unterstützte die Diakonissen in Jerusalem. Außerdem sollte der Verein im Bereich des Bistums deutsche Reisende und Ansässige unterstützen. So konnten in Beirut 1856, in Alexandria 1857 und in Kairo 1872 die evangelischen Deutschen durch Geistliche versorgt werden. Das Jahr 1860 brachte eine Wende in der Tätigkeit des Jerusalemsvereins. Er beschränkte sich nicht mehr nur auf die Unterstützung der deutschen Institutionen in Palästina, sondern übernahm 1860 auf Wunsch des Bischofs GOBAT die Missionsstation Bethlehem unter der Leitung SAMUEL MÜLLERs und wurde somit zu einem aktiven Missionsverein . Die Missionsarbeit des Vereins entwickelte sich anfangs nur langsam. In Bethlehem wurde 1864 eine Schule für die arabische evangelische Gemeinde gegründet. Im Jahre 1878 gründete der Verein in Beit Jala eine neue Gemeinde von zum Protestantismus bekehrten arabischen Einheimischen. In Hebron begann 1884 die Missionsarbeit mit der Einrichtung einer ärztlichen Missionsstation. Der Verein sorgte auch für den Bau von Kirchen. So konnte 1886 in Beit Jala eine Kirche und 1893 in Bethlehem die „Weihnachtskirche“ eingeweiht werden . Als 1889 ALBERT JULIUS GRAF VON ZIETEN-SCHWERIN (1835–1923) die Leitung des Vereins übernahm, weitete sich die Tätigkeit des Vereins weiter aus: In Bethlehem erbaute er das armenische Waisenhaus. Die evangelische Gemeinde in Jerusalem mit Pfarrer CARL G.J. SCHLICHT wurde beim Bau der „Erlöserkirche“ in der Altstadt Jerusalems unterstützt. Anläßlich der Einweihung der Erlöserkirche in Jerusalem am 31. Oktober 1898 übernahm die Kaiserin AUGUSTE VICTORIA (1858–1921) das Protektorat über den Jerusalemsverein . Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die letzte arabische Missionsstation Beit Sahour bei Bethlehem gegründet. Darüber hinaus standen ab 1886 sämtliche deutschen evangelischen Gemeinden Palästinas unter dem Schutz des Vereins. Unter anderem betreute er die Gemeinden in Haifa und Jaffa/Sarona . 1907 gründete der Verein eine eigene deutsche Kolonie in Galiläa, die Kolonie Waldheim . Gliederung und Verzeichnung des Bestandes
Der Gesamtbestand des Jerusalemsvereins zu Berlin lässt sich in drei Hauptperioden gliedern: 1. Historischer Altbestand 1852-1947 2. Neuanfang nach dem Kriege 1948-1966/72 3. Unter dem Berliner Missionswerk 1973-1990
Zum Historischen Altbestand Der Historische Altbestand ist der einzige historische Bestand einer deutschen Missionsgesellschaft in Palästina der vollständig erhalten geblieben ist. Außer einzelne Vakat-Akten ist der Bestand während der Kriegsjahre des Ersten- und Zweitenweltkriegs erhalten geblieben. Bestände anderer Gesellschaften wie z.B. das Syrische Waisenhaus, die evangelische Karmelmission das Marienstift und viele andere deutsche Palästinawerke sind nur fragmentarisch erhalten geblieben. Der Altbestand enthält noch die fast vollständige Korrespondenz des Vereins mit den Stationen und Pfarrern aus dem Heiligen Land. Auch die Heimarbeit und die Protokolle sind vollständig erhalten geblieben.
Die zwei weitere Bestandteile des Archiv zeigen die Veränderung der Arbeit des Jerusalemsvereins nachdem die deutschen Gemeinden in Palästina im zweiten Weltkrieg aufgelöst wurden und der Verein nur die Arbeit unter der arabisch-palästinänsischen Bevölkerung verrichtete. Auch die Arbeit im Rahmen des Berliner Missionswerkes hatte die Arbeit des Vereins strukturell verändert. Indem Finanzfragen auch über das Missionswerk oder Projekte im größeren Rahmen diskutiert wurden.
Jeder der drei Bestandteile des Archivs ist in 2 Hauptabteilungen strukturiert: a. Heimarbeit b. Auslandsarbeit Im Altbestand wurde die Auslandsarbeit wieder in 2 Teilen geteilt a. Arabischen Gemeinden b. Deutsche Gemeindearbeit
Im Bestand sind viele Schriftstücke die von besonderer Bedeutung sind z.B. Schriftstücke aus der Feder des Preußenkönigs Friedrich Wilhelms IV. oder die Führung der Protokolle durch den Potsdamer Hofprediger Dr. Friedrich Adolf Strauß oder der erste Vorsitzender des Vereins der Berliner Domhofprediger Wilhelm Hoffmann.
Nach dem Krieg bemühte sich Pfarrer Konrad von Rabenau um den Erhalt des Archivs. Die Akten wurden damals vom Osten in den Westen Berlins peu a peu gebracht. Die erste archivische Erschließung wurde durch die Tochter des Theologen Otto Dibelius, Frau Christel Dibelius erstellt. Sie arbeitete im Verein nach dem Krieg als Sekretärin und hatte in Akribischer Genauigkeit die Altbestandsakten durch Hilfe des Herrn von Rabenau geordnet. Dr. Jakob Eisler hatte den Altbestand z.T. wieder sortiert und den Neubestand erschlossen. Die letzte Erschließungsarbeit erfolgte im Sommer 2006. Der Aktenbestand beträgt ca. 40 laufende Meter in etwa 1000 Akteneinheiten.
Abkürzungsverzeichnis im Archiv des Jerusalemsvereins
Zeitschriften des Vereins: Neueste Nachrichten aus dem Reich Gottes = NNRG Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande = NNM Im Lande der Bibel = ILB Evangelische Blätter aus Bethlehem = EvBB Jahresberichte des Jerusalemsvereins = JB des JV
Aktenverzeichnis
Die Zitatweise soll wie folgt erfolgen:
AJV = Archiv Jerusalemsverein Akte mit A + Nr. sind Akten der Heimarbeit Akte mit B + Nr. sind Akten der Feldarbeit (Palästina) Oder AJV + Bestellnr. der Akten.
Wichtige Literatur über den Jerusalemsverein:
EISLER, E. JAKOB 2001 Kirchler im Heiligen Land – Die evangelischen Gemeinden in den württembergischen Siedlungen Palästinas 1886–1914 in: Das Erwachen Palästinas im 19. Jahrhundert (Stuttgart) S. 77–90. EISLER/HAAG/HOLTZ 2003 Kultureller Wandel im Palästina im frühen 20. Jahrhundert. FOERSTER, FRANK 1991 Mission im Heiligen Land – Der Jerusalemsverein zu Berlin 1852–1945 (Missionswissenschaftliche Forschungen 25; Gütersloh). HANSELMANN, SIEGFRIED 1971 Deutsche evangelische Palästinamission. Handbuch ihrer Motive, Geschichte und Ergebnisse (Erlangen). HERTZBERG, HANS WILHELM 1965 Jerusalem. Geschichte einer Gemeinde (Kassel). KARNATZ, BERNHARD 1972 Das preußisch-englische Bistum in Jerusalem, Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 47, 23–32. LÜCKHOFF, MARTIN 1990 Entstehung und Gründung des anglo- preußischen Bistums zu Jerusalem, Jahrbuch des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes 2, 89–98. NOTHNAGLE/ABROMEIT/FOERSTER 2001 Seht, wir gehen hinauf nach jerusalem. Festschrift zum 150jährigen Jubiläum von Talitha Kumi und des Jerusalemsvereins (Leipzig). NOTHNAGLE/FELDTKELLER 2002 Mission im Konfliktfeld von Islam, Judentum und Christentum: Eine Bestandsaufnahme zum 150-jährigen Jubiläum des Jerusalemsvereins (Frankfurt) PFLANZ, RICHARD 1903 Verlassen nicht Vergessen. Das Heilige Land und die deutsch evangelische Liebesarbeit (Neu-Ruppin). RAHEB, MITRI 1990 Das reformatorische Erbe unter den Palästinensern (Die Lutherische Kirche. Geschichte und Gestalten 11; Gütersloh). SINNO, ABDEL-RAOUF 1982 Deutsche Interessen in Syrien und Palästina 1841–1898. Aktivitäten religiöser Institutionen, wirtschaftliche und politische Einflüsse (Studien zum modernen islamischen Orient 3; Berlin).
Anhang
Geschichtliche Darstellung der JV Stationen im Heiligen Land
Jerusalemsverein zu Berlin – Bethlehem
Gründer in Deutschland: Friedrich Adolf Strauß Gründungsjahr in Deutschland: 1852/3 Gründung in Palästina: 1853 in Bethlehem 1860 Ort: Bethlehem Wirkungsdauer: 1860 bis heute Leiter: Samuel Müller 1860-1884 Ludwig Schneller 1884-1888 Emanuel Müller 1889-1891 Immanuel Boettcher 1891-1903 Albert Treptow 1903-1904 Richard Feldhahn 1904-1905 Ernst Albers 1906-1910 Heinrich Bayer 1911-1913 Gerhardt Jentzsch 1926-1939
Publikationsorgan für Palästina: Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande Evangelische Blätter aus Bethlehem Archivische Überlieferung: Archiv des Jerusalemsvereins, Berlin Evangelisches Zentralarchiv Berlin Literatur: Richard Pflanz, Verlassen nicht vergessen, Neu-Ruppin 1903 Mitri Raheb, Das reformatorische Erbe unter den Palästinensern, Gütersloh 1990. Frank Foerster, Mission im Heiligen Land. Der Jerusalemsverein zu Berlin 1852-1945, Gütersloh 1991 Geschichte: Das Jahr 1860 brachte eine Wende in der Tätigkeit des Jerusalemsvereins. Er beschränkte sich nicht mehr nur auf die Unterstützung der bestehenden deutschen evangelischen Einrichtungen in Palästina, sondern übernahm auf Wunsch von Bischof Gobat die Missionsstation Bethlehem unter der Leitung von Samuel Müller und wurde somit selbst zu einem in der Missionsarbeit tätigen Verein. Das Engagement des Vereins war allerdings zunächst zurückhaltend. Zwar wurde in Bethlehem 1864 eine Schule für die arabische evangelische Gemeinde eingerichtet; das 1872 ins Leben gerufene Waisenhaus aber war eine private Initiative Müllers und ganz auf seine Person zugeschnitten. 20 arabische Waisenkinder wurden hier in ihrer Muttersprache im Lesen, Schreiben, Singen sowie biblischer Geschichte und Geographie unterrichtet. Als Müller 1884 Bethlehem verließ, wurde das Waisenhaus von seinem Nachfolger Ludwig Schneller nicht weitergeführt. Auch die Gemeinde in Bethlehem stagnierte. Der Bau einer neuen Kirche, den Schneller betrieb, verzögerte sich wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Jerusalemsverein, der im Unterschied zu Schneller einen bescheidenen Bau befürwortete, und wegen der nur zögerlich eingehenden Spendengelder. Schnellers Nachfolger Emanuel Müller und Immanuel Boettcher (1864-1903) hielten an dem Bauvorhaben fest, so daß die Kirche schließlich im Jahre 1893 eingeweiht werden konnte. Die Gemeinde war zu keinem Zeitpunkt groß: 1892 gehörten ihr ca. 120 Mitglieder (Kinder eingeschlossen) an, kurz vor dem Ersten Weltkrieg umfaßte sie ungefähr 200 Personen. Der Jerusalemsverein unterstützte die arabische Gemeinde in Bethlehem auch nach dem Ersten Weltkrieg und sorgt für deren Schulwesen und sie selbst bis zum heutigen Tag.
Armenisches Waisenhaus
Nach dem Weggang Samuel Müllers wurde das oben erwähnte Waisenhaus in Bethlehem durch den Jerusalemsverein aufgelöst, ungeachtet der Widerstände aus der Gemeinde. Erst 1896 entschied sich der Vorstand des Jerusalemsvereins, motiviert durch die Verfolgung der Armenier, Müllers Initiative wieder aufzugreifen und erneut ein Waisenhaus in Bethlehem einzurichten, bestimmt zur Versorgung der armenischen Waisenkinder. Im Januar 1897 trafen die ersten Waisen ein. Als Bauplatz wurde ein großes Areal (Weinberg) genutzt, das Samuel Müller in den 1860er Jahren erworben hatte. Im Frühjahr 1898 wurde der Grundstein des von dem württembergischen Architekten Theodor Sandel geplanten Baus gelegt. Bis zum Besuch des Kaiserpaares sollte das Gebäude fertiggestellt sein. Am 30. Oktober 1898 wurde das Gebäude eingeweiht, das am selben Tag von der Kaiserin Auguste Victoria besucht wurde. Das Armenische Waisenhaus beschränkte sich zeit seines Bestehens auf die Elementarerziehung. Diejenigen armenischen Waisenkinder, die eine handwerkliche Ausbildung erhalten sollten, nutzten die Ausbildungsmöglichkeiten des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem. Ab 1901 wurden im Armenischen Waisenhaus auch arabische Schüler aufgenommen. Die Zahl der Schüler schwankte zwischen 15 und 20 pro Jahrgang. Der Aufenthalt der Zöglinge, so die Neuesten Nachrichten aus dem Morgenlande im Jahre 1910, erstreckte sich in den Anfangszeiten auf sechs Jahre. Ab 1910 wurde eine Verlängerung auf sieben Jahre eingeführt. Man erhoffte sich eine Vertiefung der Erziehung und nahm in Kauf, daß insgesamt von nun an weniger Kinder die Schule durchlaufen konnten; denn die Zahl der Insassen blieb nach wie vor auf 52 beschränkt. Im Jahre 1918, 20 Jahre nach seiner Einweihung, wurde das Waisenhaus von der britischen Mandatsregierung geschlossen und stattdessen als Krankenhaus genutzt.
Jerusalemsverein zu Berlin – Beit Jala
Gründung in Palästina: 1878 Ort: Beit Jala Wirkungsdauer: 1878 bis heute Leiter: Bischara Canaan 1879-1899 Said Abbud 1899-1905 Iskandar Haddad 1905-1930 Schedid Baz Haddad 1930-1939 Publikationsorgan für Palästina: Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande Archivische Überlieferung: Archiv des Jerusalemsvereins, Berlin Evangelisches Zentralarchiv Berlin Literatur: Richard Pflanz, Verlassen nicht vergessen, Neu-Ruppin 1903 Mitri Raheb, Das reformatorische Erbe unter den Palästinensern, Gütersloh 1990 Frank Foerster, Mission im Heiligen Land. Der Jerusalemsverein zu Berlin 1852-1945, Gütersloh 1991 Geschichte:
Im Jahre 1878 gründete der Jerusalemsverein in Beit Jala eine neue Gemeinde, nachdem die Missionsarbeit unter der arabischen Bevölkerung auf fruchtbaren Boden gefallen war. Zunächst von Samuel Müller geleitet, übertrug der Jerusalemsverein bereits nach einem Jahr dem einheimischen Evangelisten Bischara Canaan die Funktion eines Lehrers in der Gemeinde, um ihn wenig später als Leiter der Station einzusetzen. Canaan war Zögling des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem und der erste arabische Mitarbeiter in der deutschen Missionsarbeit, der ordinierter Geistlicher war. Canaan eröffnete in Beit Jala eine Schule, die vorbildlich wirkte und von Jahr zu Jahr ihr Ansehen und ihr Leistungsniveau verbessern konnte. Am Ende jedes Schuljahres veranstaltete er öffentliche Prüfungen nach dem Vorbild des Syrischen Waisenhauses, zu denen auch die Eltern der Kinder eingeladen wurden. Waren es anfangs nur 20 Schüler, konnte ihre Zahl bis zur Jahrhundertwende auf über 80 gesteigert werden. Zu seiner Zeit wurde in Beit Jala vom Jerusalemsverein eine Kirche gebaut. 1890 erhielt die Schule in Beit Jala neue, ihrer wachsenden Bedeutung gemäße Räume. Sie wurden an die 1886 eingeweihte, nach den Plänen des Jerusalemer Architekten Conrad Schick errichtete Kirche angebaut. 1897 wurde zudem auch eine Mädchenschule eingerichtet. Da in Beit Jala stets nur arabische Geistliche tätig waren, wurde die Station weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg geschlossen. Bis heute wird die arabische Gemeinde vom Jerusalemsverein getragen.
Jerusalemsverein zu Berlin – Hebron und Beit Sahur
Gründung in Palästina: 1884 (Hebron) 1901 (Beit Sahur) Ort: Hebron und Beit Sahur Wirkungsdauer: In Hebron sehr unregelmäßig In Beit Sahur von 1901 bis heute Leiter: Ludwig Schneller 1884-1888 (Hebron) Emanuel Müller 1889-1891 (Hebron) Immanuel Boettcher 1891-1903 (Hebron) Schedid Baz Haddad 1925-1939 (Hebron)
Farhud Kurban, 1901- ? (Beit Sahur) Jubran Matar, 1927-1931 (Beit Sahur) Elias Schihade 1934-1948 (Beit Sahur) Archivische Überlieferung: Archiv des Jerusalemsvereins, Berlin Evangelisches Zentralarchiv Berlin Literatur: Richard Pflanz, Verlassen nicht vergessen, Neu-Ruppin 1903 Mitri Raheb, Das reformatorische Erbe unter den Palästinensern Gütersloh, 1990 Frank Foerster, Mission im Heiligen Land. Der Jerusalemsverein zu Berlin 1852-1945, Gütersloh 1991 Geschichte: In Hebron begann die Missionsarbeit 1884 mit der Einrichtung einer ärztlichen Missionsstation durch den Jerusalemsverein. Die neue Gründung, in der Ludwig Schneller gelegentlich Gottesdienste hielt, hatte allerdings keinen Bestand und wurde bereits nach einigen Jahren wieder aufgegeben. Erst in der britischen Mandatszeit wurde die Hebroner Station wieder tätig. Etwa vierzig Christen verschiedener Konfessionszugehörigkeit, die für die englische Mandatsregierung in Hebron arbeiteten, feierten hier gemeinsam evangelische Gottesdienste, da in Hebron keine katholische und keine orthodoxe Kirche existierte.
In Beit Sahur gründete der Jerusalemsverein 1901 eine Missionsstation. Vier Jahre später vergrößerte sich die Gemeinde durch den Beitritt von 15 Mitgliedern der lateinischen und 30 Angehörigen der orthodoxen Kirche erheblich, worauf der Verein den Evangelisten Farhud Kurban zum Leiter der Station ernannte. Da konfessionelle Konflikte innerhalb der christlichen Familien die Gemeinde schwächten, entschloß sich der Jerusalemsverein erst zur Mandatszeit, eine Schule zu gründen.
Jerusalemsverein – Kirchlergemeinde Haifa
Gründung in Palästina: 1886 Ort: Haifa Wirkungsdauer: 1886 bis 1948 Leiter /Pfarrer: Werner Deckert 1893-1897 Hermann Bauermeister 1897-1898 Richard Tietze 1899-1908 Hans Moderow 1908-1918 Detwig von Oertzen 1921-1937 Christian Berg 1937-1939 Publikationsorgan für Palästina: Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande Evangelisches Gemeindeblatt für Palästina Die Warte des Tempels Archivische Überlieferung: Archiv des Jerusalemsvereins, Berlin Evangelisches Zentralarchiv Berlin Literatur: Jakob Eisler, Kirchler im Heiligen Land: die evangelischen Gemeinden in den württembergischen Siedlungen Palästinas 1886-1914; in: Yaron Perry u.a. (Hg.), Das Erwachen Palästinas im 19. Jahrhundert, Stuttgart, 2001, S. 77-90. Geschichte: Am Anfang der deutschen evangelischen Gemeinde in Haifa stehen die Siedlungen der württembergischen Templer. Schon zu Beginn der Kolonisation waren die Beziehungen zwischen den beiden Vorstehern der Templergemeinde, Christoph Hoffmann (1815-1885) und Georg David Hardegg (1812-1879), gespannt. Im Jahre 1874 trat Hardegg aus der Tempelgesellschaft aus. Ihm folgte eine Anzahl Kolonisten aus Haifa. In der Stadt selbst kam es zur Gründung des „Tempelvereins“ mit Hardegg als Vorsteher. In den 1880er Jahren wurde die Gemeinde Haifa auch von dem deutsch-evangelischen Pfarrer der Gemeinde in Jerusalem Carl Reinicke besucht und betreut. Älteste wurden gewählt und eine eigene Schule gegründet, die etwa 30 Kinder besuchten. 1885 wurde Carl Schlicht zum Pfarrer der Gemeinde in Jerusalem ernannt. Ihm gelang es, einige Familienväter aus der Anhängerschaft Hardeggs zu einer evangelischen Gemeinde zusammenzuschließen, die, nachdem sich die württembergische Kirche verweigert hatte, Anschluß an die evangelische Landeskirche Preußens suchten und deshalb Kirchler genannt wurden. Ihre seelsorgerliche Betreuung übernahm der jeweilige Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Jerusalem, der in möglichst regelmäßigen Abständen die Gemeinde in Haifa aufzusuchen hatte. 1891 beschloß dann der Jerusalemsverein zu Berlin, für die neu entstandene Gemeinde Sorge zu tragen. Noch im selben Jahr sandte er einen Lehrer, für dessen Gehalt er aufkam, während die Gemeinde die Unterkunft stellte. Wenig später konnte eine Kirche errichtet werden, für die ein Gemeindemitglied, Otto Fischer (1813–1910), das Grundstück zur Verfügung stellte und ein weiteres Gemeindemitglied, der Ingenieur Ernst August Voigt, die Baupläne kostenlos entwarf. Am 2. Juli 1893 wurde der einstöckige Bau eingeweiht. Bald nach der Einweihung der Kirche konnte der Jerusalemsverein den Wunsch der Gemeinde nach einem eigenen Pfarrer erfüllen. Der Verein entsandte Pfarrer Werner Deckert nach Haifa, der sich bald das Ansehen der Gemeinde erwarb. In seiner Amtszeit konnten die Erweiterungspläne für Pfarr- und Lehrerwohnung realisiert und 1897 die Erweiterung des Gemeindehauses fertiggestellt werden. Die Schule, in der Pfarrer und Lehrer gemeinsam unterrichteten, hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts ca. 30 Schüler. Zu dieser Zeit wurde auch die Diakonissenstation eingerichtet, um die sich die Gemeinde lange bemüht hatte. Eine abermalige Erweiterung des Gemeindeareals erfolgte 1906, als ein ca. 1500 qm großes Grundstück nördlich der schon vorhandenen Fläche erworben werden konnte. Auf diesem wurde das neue Schulgebäude errichtet, das am 1. Oktober 1907 eingeweiht werden konnte. Das Haus bot Raum für zwei Schulklassen, zwei kleine Arbeitszimmer für die Lehrer und einen eigenen Raum für die Lehrmittel. 1912 schließlich wurden die bislang getrennt geführten Schulen der Kirchler und Templer zusammengelegt, nachdem die gemeinsame nationalprotestantische Gesinnung beide Gruppierungen wieder näher zusammengeführt hatte. Sinnfälligster Ausdruck des neuen Gemeinschaftsgefühls in der Fremde waren die gemeinsamen Abende, die vor und während der Kriegsjahre veranstaltet wurden.
Jerusalemsverein – Kirchlergemeinde Jaffa/Sarona
Gründung in Palästina: 1889 Ort: Jaffa Wirkungsdauer: 1889 bis 1939/40 Leiter / Pfarer: Albert Eugen Schlaich 1897-1905 Wilhelm Georg Zeller 1906-1912 Eitel-Friedrich von Rabenau 1912-1917 Ernst Paetzold 1926-1931 Felix Moderow 1935-1937 Detwig von Oertzen 1937-1939 Publikationsorgan für Palästina: Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande Evangelisches Gemeindeblatt für Palästina Die Warte des Tempels Archivische Überlieferung: Archiv des Jerusalemsvereins, Berlin Evangelisches Zentralarchiv Berlin Landeskirchliches Archiv, Stuttgart Literatur: Jakob Eisler, Der deutsche Beitrag zum Aufstieg Jaffas 1850-1914, Wiesbaden 1997 Geschichte: In Jaffa/Sarona waren einzelne Familien der Templergemeinde wegen religiöser Differenzen mit dem Tempelvorsteher Christoph Hoffmann 1878 aus der Tempelgesellschaft ausgetreten. Von 1882 bis 1897 wurden die Familien, ebenso wie in Haifa, von Pastor Reinicke aus Jerusalem und seinem Nachfolger Carl Schlicht seelsorgerlich betreut. 1889 ersuchte Kappus den Jerusalemsverein um Unterstützung, der nach Haifa hier ein weiteres Betätigungsfeld fand. Bei der Eröffnungsfeier der evangelischen Schule am 1. Oktober 1890 nannte Kappus sen. diesen Tag den Geburtstag der deutschen evangelischen Gemeinde zu Jaffa. Er stellte in seinem Haus einen Raum als Klassenzimmer für die 15 Schulkinder der Gemeinde zur Verfügung und beaufsichtigte auch die Lehrer. Als ersten Lehrer stellte die Gemeinde den Pilgermissionar Johannes Michaelis (1860–1915) an, der zwei Jahre an der Schule unterrichtete. Seinen Nachfolger E. Dressler holte der Jerusalemsverein 1892 aus Deutschland. Er hatte anfangs mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da den acht verbliebenen Schülern nahezu jegliche schulische Vorbildung fehlte. Erst 1897 entsandte der Jerusalemsverein mit Pfarrer Albert Eugen Schlaich (1870–1954) aus Korntal in Württemberg einen Geistlichen zur Jaffaer Gemeinde, die bisher provisorisch von Kappus und Schlicht betreut worden war. Unmittelbar nach seiner Ankunft drängte Schlaich auf die Errichtung eines großen Gebäudes, das als Schulhaus, Betsaal, Kirche sowie Lehrer- und Pfarrwohnung dienen sollte. 1900 war er seinem ehrgeizigen Ziel nähergekommen, als der Jerusalemsverein ein größeres Gebäude in der Kolonie kaufte, welches zukünftig als Pfarrwohnung und Schulhaus diente. 1904 konnte sogar eine Kirche für die Gemeinde eingeweiht werden. Nach dem Bau der Kirche stieg die evangelische Gemeinde in Jaffa zum Zentrum der evangelischen Verwaltung für Sarona, er-Ramle, Asdod und die gesamte Küstenebene Palästinas bis Gaza auf. Alle evangelischen Deutschen in den genannten Orten waren in Jaffa registriert. 1906 wurde die Gemeinde der preußischen Landeskirche angeschlossen und als Kirchengemeinde anerkannt. Außerdem wurde eine Frauenmission ins Leben gerufen, die jene notleidenden arabischen Familien unterstützte, deren Kinder früher Zöglinge in Talitha Kumi (Diakonissen-Mädchenschule in Jerusalem) gewesen waren. Frauen diesen Familien erhielten die Möglichkeit, unter Anleitung der Pfarrfrau Handarbeiten für Jerusalemer und Bethlehemer Missionsanstalten herzustellen. In den Jahren von 1889 bis 1913 stieg die Zahl der Mitglieder der evangelischen Gemeinde in Jaffa/Sarona kontinuierlich an: Waren es 1889 nur ca. 50 Personen, so zählte man 1898 bereits 75, 1900 93, 1901 104 und im Jahre 1904 schon 130 Mitglieder. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges stieg ihre Zahl auf 136 an. Ähnlich wie in der Gemeinde in Haifa bewegten sich auch in Jaffa „Kirchler“ und „Templer“ vor Kriegsausbruch wieder verstärkt aufeinander zu. Ab 1912 wurden die Kinder wieder gemeinsam unterrichtet, der Deutsche Verein zu Jaffa veranstaltete gemeinsame Vortragsabende und ein neuer Frauenverein wurde ins Leben gerufen. Im Ersten Weltkrieg wurden die deutschen Siedler aus Jaffa von der britischen Mandatsregierung von England nach Ägypten gebracht und dort interniert. Erst Anfang der 20er Jahren konnten die Kirchler nach Jaffa zurückkehren. Der Jerusalemsverein unterstützte die Kirchlergemeinde Jaffa/Sarona bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, in dessen Gefolge die Gemeinde aufgelöst wurde.
Jerusalemsverein – Kirchlergemeinde Waldheim
Gründung in Palästina: 1907 Ort: Um el Ammed /Waldheim Wirkungsdauer: 1907 bis 1948 Leiter /Pfarrer: Richard Tietze 1899-1908 Hans Moderow 1908-1918 Detwig von Oertzen 1921-1937 Christian Berg 1937-1939 Publikationsorgan für Palästina: Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande Evangelisches Gemeindeblatt für Palästina Archivische Überlieferung: Archiv des Jerusalemsvereins, Berlin Evangelisches Zentralarchiv Berlin Literatur: Jakob Eisler, „Kirchler im Heiligen Land: die evangelischen Gemeinden in den württembergischen Siedlungen Palästinas 1886-1914“, in: Yaron Perry u.a. (Hg.); Das Erwachen Palästinas im 19. Jahrhundert, Stuttgart, 2001 S. 77-90. Geschichte: Waldheim war die letzte deutsche Kolonie, die in Palästina gegründet wurde, und die einzige evangelische Kolonie, die von Kirchlern errichtet wurde (bei den anderen Kolonien handelte es sich um Gründungen der Templer). Seit 1904 strebten die Kirchler in Haifa die Gründung einer neuen Kolonie außerhalb der Stadt für die nachkommende Generation an, da die Bodenpreise in Haifa und Umgebung so sehr gestiegen waren, daß der Landerwerb für künftige Generationen eine zu große finanzielle Belastung darstellte. Um deren Abwanderung zu verhindern, wurde versucht, Grundstücke im Umland Haifas zu erwerben. Zunächst blieben diese Bemühungen ohne Erfolg. Im Sommer 1907 jedoch, ein Jahr nach der Gründung der Templer-Kolonie Bethlehem-Galiläa (siehe unten) in der Jesreel-Ebene, eröffnete sich auch für die Kirchler die Möglichkeit, dort eine neue Kolonie zu gründen. In unmittelbarer Nähe der Templersiedlung wurde das Fellachendorf Umm el amed (Mutter der Säulen) gekauft. Die Darlehenskasse der deutschen evangelischen Gemeinde Haifa GmbH war die Trägerin des Unternehmens. Der Erwerb kam zustande mit Unterstützung der Stuttgarter Gesellschaft zur Förderung der deutschen Ansiedlungen in Palästina, welche ein Darlehen über die Kaufsumme von 170.000 Franken gewährte. Die Gesamtfläche der Kolonie betrug ca. 720 ha, davon waren zwei Drittel unkultivierter Eichenwald und Weiden. Zum Kaufpreis kamen noch weitere Kosten für die Instandsetzung schon vorhandener Wege und die Planung sowie den Bau neuer Straßenanlagen hinzu. Am Erntedankfest 1907 fand die Einweihung der Kolonie statt, die einige Jahre später wegen des zugehörigen Eichenwaldes den Namen Waldheim erhalten sollte. Man feierte unter alten Olivenbäumen, von denen deutsche Flaggen wehten. Nach dem Mittagsmahl wurde die Konzeption der Kolonie erörtert. Der Haifaer Architekt Ernst A. Voigt, der auch das Haifaer Gemeindehaus entworfen hatte, legte den Plan für die neue Kolonie vor. Um das Gemeindegrundstück im Kreuzungspunkt der beiden geplanten Koloniestraßen sollten sich in Kreuzform 16 große Haus- und Gartengrundstücke gruppieren. Der Jerusalemsverein gab den Kolonisten im Jahre 1909 ein Darlehen zur Errichtung einer Wasserleitung. Im Herbst 1911 wurde diese fertiggestellt. Das Grundwasser wurde von einem Petroleummotor über eine zwei Kilometer lange Leitung in ein Sammelbecken gepumpt. Von dort floß es in die Häuser der Kolonie. Bis 1914 wurden fünf Hektar Weinberge angelegt und über 500 Ölbäume gepflanzt. Im Dezember 1913 schlossen sich die Milchviehbesitzer in Waldheim und der benachbarten Templersiedlung Bethlehem-Galiläa zu einer Milchgenossenschaft zusammen. Die Milch wurde täglich nach Haifa geliefert, wo sie gute Einnahmen erzielte. Die neugegründete Kolonie wurde zunächst mit Unterstützung des Jerusalemvereins durch den Pfarrer von Haifa mitversorgt. Das Amt des Bürgermeisters übernahm Gottlob Weinmann, in dessen Wohnzimmer die Gottesdienste gefeiert wurden. Obwohl die Gemeinde somit einen Ort für ihre Gottesdienste hatte, wollte sie eine eigene Kapelle errichten. Gelder dafür wurden gesammelt, und man hoffte, bei der Feier zum 25jährigen Bestehen der Haifaer Gemeinde (1911) den Grundstein legen zu können. Dieser Plan konnte jedoch nicht realisiert werden, da die Gemeinde erst über die Hälfte des nötigen Baukapitals verfügte. Erst Anfang 1914 wurde der Grundstein zur Kapelle in Waldheim gelegt. Der Architekt Otto Lutz (1881–1979), Mitglied der Haifaer Gemeinde, entwarf die Baupläne, die von der Gemeinde und vom Jerusalemsverein gebilligt wurden. Die Einweihung sollte sich allerdings durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis Oktober 1921 verzögern. Waldheim gehörte zu den wenigen deutschen Kolonien, die sich auch während der britischen Mandatszeit erheblich vergrößerten. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Mehrzahl der noch im Lande gebliebenen deutschen Kolonisten Haifas in Waldheim und Bethlehem-Galiläa interniert. Vor der Gründung des Staates Israel wurden alle deutschen Kolonisten aus Waldheim nach Zypern gebracht, von wo sie entweder nach Deutschland zurückkehren konnten oder nach Australien gebracht wurden. |
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