EZA 666 Weckerling, Rudolf (1911-2014), Pfarrer, 1917-2013 (Bestand)

Archivplan-Kontext
Kirchliches Archivzentrum Berlin Evangelisches Zentralarchiv in Berlin 8. Handakten und Nachlässe 8.11. T - Z EZA 668 Wagner, Oskar (1906 - 1989), Pfarrer in Kattowitz/Polnisch-Oberschlesien (1919-1989) EZA 666 Weckerling, Rudolf (1911-2014), Pfarrer (1917-2013) 1. Biographisches EZA 801 Weingärtner, Ulrich (geb. 1930), Auslands- und Seemannspfarrer in Bradford (1949.01.01-1978.01.01)

Angaben zur Identifikation
Signatur:	EZA 666
Signatur Archivplan:	EZA 666
Titel:	Weckerling, Rudolf (1911-2014), Pfarrer
Entstehungszeitraum:	1917 - 2013
Umfang:	10,4
Stufe:	Bestand

Angaben zu Inhalt und Struktur

Bestandsbeschreibung:

Rudolf Weckerling (* 3.05.1911 in Biebrich †31.01.2014 in Berlin) war ev. Pfarrer und Mitglied der Bekennenden Kirche. Gesellschaftlich sehr engagiert gründete der Pfarrerssohn schon in seiner Jugend die Jungwandervogelgruppe Rheingau. Während seines Theologiestudium absolvierte er 1933/34 ein Austauschjahr in London, wo er in Kontakt mit Dietrich Bonhoeffer und Bischof George Bell kam. Zurück in Deutschland schloss er sich 1934 der Bekennenden Kirche an, wurde Vikar und ab 1935 Pfarrer in Gießen. Nach einem Fürbittgottesdienst für den verhafteten Pfarrer Martin Niemöller kam Weckerling in Gestapo-Haft. 1938 wurde er aus Hessen ausgewiesen, war u.a. Pfarrer an der Berliner Samaritergemeinde und erhielt 1940 ein Rede- und Betätigungsverbot für das gesamte Reichsgebiet.

Nach dem Kriegsdienst kehrte er nach Berlin zurück und wurde Pfarrer der Melanchthon-Gemeinde in Spandau. Er arbeitete und übersetzte in der Zeit für englischsprachige Kirchenvertreter, die sich im Rahmen der ökumenischen Zusammenarbeit in Berlin aufhielten. In die Öffentlichkeit wirkte Weckerling außerdem mit gedruckten oder im RIAS gesendeten Predigten. 1953 wurde Weckerling Studentenpfarrer für die Technische und die Humboldt-Universität. Durch die Teilung der Stadt beschränkte sich seine Tätigkeit später nur noch auf die TU. Schon 1962 im Auftrag des Christlichen Studenten-Weltbundes in Monrovia, Liberia, betreute Weckerling von 1964 bis 1970 als Pfarrer die deutschsprachige Gemeinde in Beirut. Zurück in Berlin arbeitete er am Ökumenisch-Missionarischen Institut. Zum Abschluss seines aktiven Pfarrdienstes betreute er von 1976 bis 1981 die Genezareth-Gemeinde in Berlin-Neukölln. Aus dem Ruhestand heraus übernahm er zweimal Vakanzvertretungen im Ausland: 1983 in Nairobi, Kenia und 1987/88 in Lagos, Nigeria.

Weckerling unterhielt vielfältige Beziehungen zu Personen im kirchlichen Bereich. Hierzu zählen Ruth Wendland und Helmut Hesse, die in der Zeit des Nationalsozialismus jüdische Verfolgte versteckten oder öffentlich Widerstand leisteten wie Bonhoeffer, Niemöller oder Gollwitzer. Mitglieder des Unterwegs-Kreises (z.B. Horst Dzubba) gehörten genauso zu seinen Korrespondenz-Partnern wie Theologen in der DDR (Gerhard Bassarak) oder Personen aus der ökumenischen Arbeit (Klaus Schwerk). Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Briefe von seinem Freund Friedrich-Wilhelm Marquardt.

Aus der Tätigkeit Rudolf Weckerlings erwuchsen Dokumente zum Kirchenkampf, Korrespondenzen mit führenden Kirchenmitgliedern, Manuskripte, Predigtvorbereitungen und Unterlagen zur Arbeit in den Gemeinden. Weckerling war, durch seine Kriegserfahrung geprägt, stark in der Friedensbewegung (z.B. Kampf dem Atomtod) engagiert. Er trat für den christlich-jüdischen Dialog (u.a. als Gründungsmitglied der AG Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag), Schuldeingeständnis und Versöhnung ein. Hierfür gründete er die nach seiner Frau benannte Helga-Weckerling-Stiftung unter dem Dach der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Als Mitglied des Unterwegs-Kreises stritt er für Reformen innerhalb der Kirche (z.B. in der Frage der Kindstaufe) mit Bischof Dibelius. Weckerling war sehr reisefreudig (v.a. Großbritannien und Afrika aber auch Südamerika und China) und hielt seine Eindrücke in Reisetagebüchern fest.

Bemerkenswert an diesem Nachlass ist darüberhinaus, dass er einen Teil der Überlieferung der Jungwandervogelgruppe Rheingau (incl. Fahnen) enthält, deren Gründer Weckerling war.

Literatur: Freyja Eberding, Ute Gniewoß, Tilmann Hachfeld, Thomas Dietrich Lehmann, Christian Staffa (Hrsg.): Unterwegs – 100 Jahre Rudolf Weckerling. Festschrift. Berlin 2011.