ELAB 10409 Ev. Kaiser-Friedrich-Gedächtnis Kirchengemeinde (Ev. Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte), 1892-2020 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:ELAB 10409
Signatur Archivplan:ELAB 10409
Titel:Ev. Kaiser-Friedrich-Gedächtnis Kirchengemeinde (Ev. Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte)
Entstehungszeitraum:1892 - 2020
Umfang:5,6
Stufe:Bestand

Angaben zu Inhalt und Struktur

Bestandsbeschreibung:Verwaltungsakten der Kirchengemeinde.
Die evangelische Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche (verkürzend auch: KFG) steht am nördlichen Rande des Großen Tiergartens im Hansaviertel des Berliner Bezirks Mitte. Der moderne Kirchenbau des Architekten Ludwig Lemmer aus dem Jahr 1957 ersetzt die ursprüngliche, 1892–1895 nach Plänen von Johannes Vollmer errichtete und im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstörte, neugotische Kirche.
Ein neues Wohngebiet im Nordwesten Berlins, im Thiergartenfelde zwischen der Spree und dem Großen Tiergarten gelegen, wurde 1874 unter dem Namen „Hansa-Viertel“ erschlossen. Die dortige protestantische Gemeinde gehörte zunächst zur Parochie der mehr als zwei Kilometer entfernt liegenden Dorotheenstädtischen Kirche. Ab den 1880er Jahren gab es jedoch Bemühungen, für die protestantischen Gläubigen im Hansaviertel einen näher gelegenen Versammlungsort zu schaffen. Gottesdienste fanden zunächst im Gartenlokal Charlottenhof statt, der ehemaligen, 1824 von Karl Friedrich Schinkel gestalteten Villa Finkenherd, dann seit Ende 1891 in einer von der Gemeinde errichteten Kapelle in der Bachstraße. Die Initiative für einen Kirchenneubau ging wie bei vielen Berliner Kirchen von der staatlichen Seite aus. Der Baugrund wurde von Kaiser Wilhelm II gestiftet, dessen Vater Friedrich III. durch die Namensgebung geehrt wurde.
Von den zwei vorgelegten Entwürfen bevorzugte die Kirchengemeinde den Plan Vollmers über den Entwurf Spittas. Der Kaiser bestätigt diese Wahl am 20. September 1892. Die Grundsteinlegung erfolgte unter Beisein des Herrscherpaares am 18. Oktober 1892, dem Geburtstag von Kaiser Friedrich III.
Die Weihe der Kirche fand am 21. Oktober 1895 in Anwesenheit der höchsten preußischen Regierungsmitglieder statt.
Zum Jahreswechsel 1895/1896 löste sich die Parochie der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche von der Dorotheenstädtischen Mutterkirche und bildete eine eigene Gemeinde.
Die Kaiser-Friedrich-Gedächtnisgemeinde stand im Ruf, sehr wohlhabend zu sein, ein Eindruck, der durch die Lage im gutbürgerlichen Hansaviertel und die beim Bau der Kirche bewiesene Spendenfreudigkeit ihrer Mitglieder bestärkt wurde. Das Gemeindeleben prägten zahlreiche Vereine und Helferkreise, die sich auch sozial engagierten.
Aufgrund der Größe der Gemeinde, die bereits 10.000 Mitglieder umfasste, richtete man im Jahr 1899 eine zweite Pfarrstelle ein. Die Gottesdienste in der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche sowie Vorträge im Gemeindehaus und Veröffentlichungen im Gemeindeblatt waren akademisch ausgerichtet. Dies machte Kirche und Gemeinde über das Gebiet des Hansaviertels hinaus bekannt.
Die erste Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche wurde im Zweiten Weltkrieg, bei einem britischen Luftangriff am Abend des 22. November 1943, schwer getroffen und teilweise zerstört. Die reiche Innenausstattung der Kirche verbrannte vollständig.
Die Kirchengemeinde löste sich mit der breitflächigen Zerstörung des Hansaviertels und der anschließenden Flucht zahlreicher Bewohner praktisch auf. Die beiden Geistlichen wurden ins ländliche Brandenburg zur Vertretung von Amtsbrüdern delegiert, die als Feldgeistliche dienten. Die Schwesterpfarrei der Heilandskirche im benachbarten Moabit führte die verbleibenden Amtsgeschäfte aus.
Erst im Januar 1947 kam es auf Anstoß des neuen Gemeindepfarrers Fritz Schmidt-Clausing zur Wiedergründung der Kirchengemeinde. Am 9. Februar 1947 hielt er mit ökumenischer Hilfe den ersten Gottesdienst: die KFG-Gemeinde feierte als Gast in der Notkapelle, die sich die katholische Gemeinde St. Ansgar in der Aula der Menzelschule hergerichtet hatte.
Eine zwischen Oktober 1947 und Juli 1956 verwendete „Kaiser-Friedrich-Gedächtniskapelle“ lag im ehemaligen Reichsgesundheitsamt in der Klopstockstraße, in der vormaligen Dienstwohnung von dessen Präsidenten. Die Einrichtung der Notkapelle war teils mit Steinen verblendet, die man dem Schiff des zerstörten Kirchenbaus entnommen hatte. Als Kirchengeläut diente zunächst die einzig erhaltene Glocke im Turmrest der alten Kirche. Schmidt-Clausing ließ sie öffentlichkeitswirksam auch zur Begrüßung von aus der Sowjetunion heimkehrenden deutschen Kriegsgefangenen anstimmen, eine Praxis, die in dieser Frühphase des Kalten Krieges selbst einer amerikanischen Wochenschau berichtenswert erschien.
Der Kirchengemeinderat hatte den Wiederaufbau der Kirche geplant. Der West-Berliner Senat beschloss jedoch, das zu 90 % zerstörte Hansaviertel, das „keinen künstlerischen oder auch nur lokalhistorisch interessanten Bau enthielte“ im modernen Stil neu zu gestalten. Dazu wurden im Rahmen der „Internationalen Bauausstellung 1957“ (IBA 57) namhafte Architekten aus 13 Ländern eingeladen. Das Hansaviertel sollte zum Symbol für Berlins Erneuerungswillen werden. Somit nahm der Berliner Senat die Entscheidung über den Wiederaufbau der Kirche aus den Händen der Gemeinde. Die Reste des Bauwerks mitsamt dem Turm wurden in den Jahren 1953 und 1954 gesprengt und abgetragen.
Mit seiner lockeren Bauweise wurde das neue Hansaviertel als "demokratisches Gegenmodell" zur monumentalen Friedrichshainer "Stalinallee" ideologisiert. Tatsächlich gelang es, internationale Stararchitekten für die "Stadt von morgen" zu mobilisieren. Vorsitzender des Leitenden Ausschusses wurde der Architekt Otto Bartning, der zwar entscheidende Impulse zur Erneuerung des Kirchenbaues gegeben hatte, aber auf die neue KFG-Kirche keinen Einfluss nahm. Mit ihrem Entwurf wurde Senatsbaudirektor Ludwig Lemmer beauftragt.
Die Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche gehört neben der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und der Königin-Luise-Gedächtniskirche zu den drei noch existierenden Gedächtniskirchen Berlins, die Mitglieder des Hauses Hohenzollern ehren.
Im Januar 2016 erfolgte die Fusion der KFG-Gemeinde mit den Gemeinden Moabit West (Heilandskirche), Erlöser und St. Johannis zur Evangelischen Kirchengemeinde Tiergarten.
Die Kirche steht wie der zerstörte Vorgängerbau an der seit dem 19. Jahrhundert den südlichen Abschluss der Bebauung des Viertels markierenden Händelallee. Der frühere Verlauf der einst auf die Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche zulaufenden Lessingstraße ist bis zum genau nördlich gelegenen Hansaplatz nur noch als Blickachse zu erkennen.
Der Grundstein der zweiten Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche wurde am 15. August 1955 gelegt, die Kirchenweihe war am 30. Juni 1957. Am Eröffnungsgottesdienst am 10. Juli 1957 nahm der damalige Bundespräsident Theodor Heuss teil.
Aus der Zeit vor der kriegsbedingten Zerstörung der alten Kirche am 22.11.1943 ist leider kein nennenswertes Schriftgut mehr vorhanden. Der Aktenbestand der Kirchengemeinde und die Kirchenbücher wurden vernichtet.
Ergänzend sei an dieser Stelle der Hinweis angebracht auf überlieferte Unterlagen zur Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche des Ev. Konsistoriums Berlin-Brandenburg (Bestand ELAB 1), Spezialia: Kirchenkreis Berlin-Friedrichswerder (ab 1948) sowie der Kirchenprovinz Brandenburg (Bestand ELAB 14), Spezialia: Berlin-Stadtkirchenkreis, Friedrichswerder I (ab 1895). Nach 1945 liegen auch Akten des Bauamtes (Bestand ELAB 63) sowie Bauzeichnungen vor.
Ältere Akten (vor der Zerstörung) aus dem Gemeindebestand liegen in einer Materialsammlung zur Chronik der Kaiser-Friedrich–Gedächtniskirche (1892-1970), inkl. Kopie der Weihe von 1895, sowie eines Schreibens des Gemeindekirchenrates vor (Sgn. Nr. 152, 153).
Der Hauptschwerpunkt des überlieferten Bestandes liegt im Zeitraum des Kirchenneubaus Mitte der 1950er Jahre im Rahmen der „Interbau“ und Neugestaltung des Hansaviertels. Aus dieser Zeit existieren viele Fotos und Fotoalben.
Spätere Bausachen aus der Zeit zwischen 2005 und 2015 sind ebenfalls zahlreich überliefert.
Die Hauptbücher der Jahresrechnungen liegen aus den 1960er und 1970er Jahren vor.
GKR-Protokollbücher finden sich von 1944 bis 2013 im Bestand.
Lagerbücher sind von 1944/45 und 1965-1974 erhalten.
In erstgenanntem finden sich zusätzliche Angaben zur Geschichte der Kirchengemeinde (1891-1943) sowie zur künstlerischen Ausstattung der (alten) Kirche.
Gemeindeblätter liegen von 1905 bis 1941 und 1947 bis 1962 („Friede und Freude“) sowie 1962 bis 2001 vor. In der St. Johannis Kirchengemeinde.
 

Dateien

Dateien:
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.2050
Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://kab.scopearchiv.ch/detail.aspx?ID=600778
 

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